Elke Meyer aus Schildfeld kennt diese freudigen Begegnungen vieler Besucher mit dem einst praktischen oder manchmal auch unpraktischen DDR-Alltag. Sie hat sich zusammen mit ihrer Familie in Schildfeld ein kleines DDR-Museum eingerichtet. Eigentlich, so berichtet die leidenschaftliche Sammlerin, begann alles recht kurios: Als in unmittelbarer Nähe ihres Hauses nach der Wende in Schildfeld der Konsum abgerissen wurde, rettete sie verschiedene Gegenstände. Sie fuhr 1995 mit einer vollen Ladung im Kofferraum nach Lenzen bei Dömitz. Dort wusste sie, gab es ein Konsum-Museum. Hier lieferte sie die "Schätze" aus Schildfeld ab. Später, im Jahr 2000 wollte sie erneut Sachen für das Museum abgeben - da stand sie vor verschlossenen Türen.
Pech für Lenzen - Glück für Schildfeld. Auf der Rücktour nach Schildfeld sah sie abgelegt für den Sperrmüll eine alte Konsumwaage. "Da kam die Idee - warum sollen wir nicht auch zusammentragen, was uns im Haushalt zu DDR-Zeiten begleitete."
Begonnen hat es eigentlich mit dem Puddingpulver von Rotplombe. Die kleinen Tütchen hob sie über die Jahre auf und dazu gesellte sich Ata, Spee, Möbelpolitur usw.. Wer von ihrer Leidenschaft wusste, brachte, was er noch hatte. So konnte die Familie für die Sammlerleidenschaft ab 2003 die erste Etage in der Mühle für eine Ausstellung nutzen. Dann hatten auch Besucher die Möglichkeit, sich an Tagen der offenen Tür in der Mühle diese Ausstellung anzusehen. 2009 nahm die Familie ihre Schätze auf das eigene Grundstück. 2010 eröffneten sie hier ihr kleines DDR-Museum, mit dem sie vielen Menschen, nicht nur den älteren, Freude bereiten.
"Es ist schön, dass man auf diesem Weg die Erinnerungen wieder auffrischen kann", schrieb ihnen eine Besucherin oder "Wir sind in Kindheits- und Erwachsenzeiten versetzt worden und bekamen ein bisschen Heimweh", heißt es in einer Eintragung im Gästebuch. In einem anderen Schreiben bedankten sich Besucher dafür, dass die vielen Gegenstände hier sorgfältig aufgehoben werden.
"Ich denke, mit meiner Sammelleidenschaft kann ich ein Stück DDR-Alltagsgeschichte erhalten. Das alles gehörte einmal zu unserem Leben. Die Gegenstände für die Nachwelt aufzuheben, das ist mir wichtig", ist Elke Meyer überzeugt. Natürlich macht es neben ihrer beruflichen Tätigkeit viel Arbeit. Die Familie unterstützt sie nach Kräften beim Reinigen der Gegenstände und auch beim Reparieren. Offen hat das kleine Museum zu Ostern, zu Pfingsten sowie im August, September und Oktober jeden ersten Sonntag im Monat.
Auszug - Zeitungsartikel
vom 24.09.2016 der SVZ
4000 x Geschichte zum Anfassen
Über ein Vierteljahrhundert nach der politischen Wende sind viele Zeitzeugen aus dem Alltagsleben der einstigen DDR längst in Vergessenheit geraten. Die Nachwende-Kinder sind bereits erwachsen. Ihnen die 40 Jahre Arbeiter- und Bauernstaat dennoch nahe bringen zu wollen, die guten, wie die schlechten Erfahrungen, das hat sich Elke Meyerzur Lebensaufgabe gemacht.
In ihrem kleinen DDR-Museum hat die gelernte Zootechnikerin-Mechanisatorin für Milchproduktion und heutige Verkäuferin über 4000 Exponate zusammengetragen. Es gehe ihr keinesfalls um die Glorifizierung einer Epoche, stellt die Schildfelderin klar. „Mir tat es einfach nur leid, dass so vieles auf dem Müll gelandet ist. Schließlich war das doch einmal unser Leben.“ Wer sich selbst einmal ein Bild von der liebevoll angefüllten Stätte machen möchte, könne das Ostern, Pfingsten, jeden ersten Sonntag im August von 13 bis 18 Uhr tun. Sonst müsse mit Elke Meyer ein Termin über Telefon 038843-21540 vereinbart werden.
SVZ-Redakteur Thorsten Meier beantwortete die 52-Jährige die beliebten Fragen zum Wochenende. Inmitten all der Dinge, die eine Zeitreise möglich machen. Als Geschichte zum Anfassen. Das Besucherbuch ist der Beweis dafür, dass viele Neugierige sich gern erinnern oder informieren lassen. Um sich einen Eindruck zu verschaffen von einer Zeit, die unter anderem von Mangelwirtschaft, Tauschgeschäften, Bückware und kreativen Tüfteleien geprägt war. Aber auch von politischer Gängelei, Stasi-Spitzeleien, Planwirtschaft sowie fehlender Presse-, Meinungs- und Reisefreiheit. Und einer fragwürdigen, leider heute immer noch gern beschworenen Solidargemeinschaft, die jedoch oft nur der Not gehorchend, funktionierte. Um im nicht selten tristen DDR-Alltag nicht völlig zu verzweifeln.
Artikel und Foto von Thorsten Meier